Le Bruit Qui Court
Kunst ganz öffentlich

Danke für Ihre Aufmerksamkeit

Neuster Beitrag: Passanten, aber auch der eine oder die andere Medienschaffende fragen sich, was hinter den Plak...
Niklaus Wenger 18.02.2015

Café publique #1

Neuster Beitrag: Sand auf der Grossen Schanze
Palmen in der Kramgasse
Stühle auf dem Bahnhofplatz
Kaffee...
Patric Marino 14.03.2015

Café public #2

Neuster Beitrag: Hier ist eine stetig wachsende Sammlung von Kunstprojekten im öffentlichen Raum zu finden.
...
Niklaus Wenger 02.06.2015

Café public #3

Neuster Beitrag: Auf der Website «Stadt statt Strand» und im Buch «Stadt selber machen» gibt es Ideen und Tipp...
Niklaus Wenger 20.05.2015

Feuille publique #1

Neuster Beitrag: Am NEU-stadt-lab auf der Schützenmatte lesen wir dir öffentlich aus dem Feuille publique
Niklaus Wenger 26.09.2015

Café public #4

Neuster Beitrag:
Heitere Fahne Wo die Heitere Fahne liege, in Wabern oder Bern? Es komme drauf a...
Patric Marino 25.09.2015

Elefanten in der Stadt

Neuster Beitrag: Zusammen mit Watson und anderen reist er durch die weite Welt des Internets.
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Niklaus Wenger 24.10.2015

Café public #5

Neuster Beitrag: Der Kunst wird heute viel zugetraut, vielleicht auch viel zugemutet. Kunst wirke als sozialer ...
Noemi Lerch 02.11.2015

Café public #6

Neuster Beitrag:
«Was hätt äch d'Meret zum Brunne gseit, so winer hüt usgseht? Nid viu, hätt sie gseit, n...
Patric Marino 19.12.2015

Feuille publique #2

Neuster Beitrag: Aus den Gesprächsbeiträgen, Berichten und persönlichen Interpretationen der Cafés publics...
Niklaus Wenger 11.05.2016

Café public #6 - "Mo(nu)ment!" Temporäre Kunst im öffentlichen Raum


Der Elefant war da. Unsichtbar, imaginär, doch als fantastische Audioskulptur hörbar auf dem Helvetiaplatz. Seit Oktober ist er verschwunden. Anderswo, an Berner Hausfassaden ist der Schatten eines anderen Elefanten herumgegeistert. Was hat es mit diesen flüchtigen Phänomenen auf sich?


Im letzten Café public stellt sich die Kommission für Kunst im öffentlichen Raum vor und steht Rede und Antwort. Was bewegt sie dazu, nunmehr ausschliesslich temporäre Kunst an Brennpunkten der Stadt-entwicklung zu fördern und sich von bleibenden Skulpturen zu verabschieden? Was für Ansätze, Ideen und Positionen stehen hinter diesem Konzept? Was bedeutet diese Ausrichtung der Kommission für die Kunstschaffenden? Und was passiert eigentlich, wenn diese flüchtigen Arbeiten zu Ende, nur mehr vermittelt wahrnehmbar sind? Wer pflegt sie? Wie bleiben sie lebendig? Wie können Erinnerungspuren gelegt werden?


Alle Mitglieder der Kommission sind vor Ort. In einer ersten Gesprächsrunde diskutieren: Sabine Gresch, Bereichsleiterin Freiraumplanung Stadt Bern; Isabel Zürcher, Kunstwissenschafterin; Veronica Schaller, Leiterin städtische Abteilung Kulturelles, Annina Zimmermann, Kuratorin (Moderation).


Zeichnungen, Texte und weitere Materialien zu den vergangenen Café publics unter www.lebruitquicourt.ch

Café public ist ein Projekt von Le bruit qui court. Kunst ganz öffentlich.

Andrea Portmann 08.11.2015

VORSPANN

Das Intro zum Café public #6 mit einem Rückblick auf das vorangegangene Gespräch.

Niklaus Wenger 01.12.2015

Videomitschnitt

Hier kannst Du das Café public #6 sehen und hören:

Niklaus Wenger 02.12.2015

IMPRESSIONEN

Das Café public #6 zu Gast in der Stadtgalerie im Progr.

Niklaus Wenger 02.12.2015

Flughöhen und Wendeschlaufen

Der Künstler Peti Wiskemann begleitet zeichnend das Café public #6

Peti Wiskemann

Peti Wiskemann 02.12.2015

Die Café public-Debatten haben erst begonnen

Niklaus Wenger 03.12.2015

Der Elefant


Der Elefant I (Strategische Grundsätze)

Der Elefant ist ein kultureller Elefant. Der Elefant für Elefant im öffentlichen Elefant des Elefanten (im Folgenden: der Elefant) begleitet raumplanerische, städtebauliche und soziale Elefanten punktuell durch künstlerische Elefanten. Diese kommentieren, manifestieren, bezeichnen und erweitern Elefantenprozesse.

Die Elefanten wollen auch Elefanten von überregional und international tätigen Elefantinnen und Elefanten Gastrecht bieten. Damit erschliesst sie neue Elefanten und bietet somit auch der Elefantenszene vor Ort wichtige Referenzelefanten. Die lokale Elefantenförderung mit Mitteln wie Elefantenvergaben oder Elefantenankäufen obliegt der städtischen Elefantenkommission.



Der Elefant II

Der Elefant ist da: gross, unübersehbar, auffällig, wenn auch nicht durch seine Farbe, laut, durchdringend, schweres Parfum, in der Stadt fremd und ungelenk, stetig in Ort und Zeit, schwer abbaubar, in aller Munde, vom Aussterben bedroht. All diese Attribute treffen auf den Elefanten auf dem Waisenhausplatz nicht zu und ebensowenig auf die Kunst im öffentlichen Raum, die ephemer, also flüchtig sein soll und im Kleinen geschehen, die nur wenige Tage alt wird und es schwer hat, von den Menschen wahrgenommen und erinnert zu werden. Umso mehr, wenn der Elefant nur in den Ohren entsteht, ohne dass er spricht, und vor dem Inneren Auge der Besucher; Betrachter, bin ich versucht zu sagen, aber dafür muss man ihn in der Vorstellung sehen. Als das Projekt ausgewählt wurde, ohne dem Elefanten ins Maul schauen zu können, wurde vielmehr die eigene Vorstellungskraft getestet und für gut befunden. Es ist eine mutige Idee, damit anderen Menschen eine Vision, eine Utopie zu ermöglichen, anstatt sie einfach schauen und werten zu lassen. Jeder erschafft sich seine eigene Skulptur. Nur wie soll man die Menschen zum Träumen bringen? Vielleicht hätte der Berner Elefant einige Eigenschaften seiner südlichen Verwandten brauchen können, mit seinen ephemeren Füssen etwas lauter auftreten und seinen Schatten etwas beständiger werfen können. Aber wenn mit einem einzigen Prozent der Gelder aus Tiefbau und Stadtgrün einige Menschen zum Nachdenken und Vorstellen angeregt oder immerhin der Versuch einer Utopie gewagt wurde, ist dieses Prozent am richtigen Ort investiert. Dafür braucht es keine Halle mit verglastem Bassin, Bäumen, Sumpf und Säcken voller Erdnüsse. Sondern einzig ein Paar Kopfhörer und etwas Fantasie.

Patric Marino 03.12.2015

Wendeschlaufen


Wendeschlaufen sind da, wo Busse, Trams und Züge wenden, hier hört die Stadt auf. Einen Moment lang verlaufen die Schienen entlang der Grenze zur Agglomeration, dann fahren Busse, Trams und Züge zurück in die Stadt.

Ich fahre Berns Wendeschlaufen ab. An den Endstationen bleibe ich sitzen, wie der Sohn eines Schaustellers drehe ich Runde um Runde auf dem Karussell. Am Freudenbergplatz, im Fischermätteli, am Güterbahnhof wende ich und ziehe weite Schleifen. Mit dem Tram ändern auch meine Gedanken ihre Richtung. Bald weiss ich nicht mehr, ob ich aus der Stadt komme oder in die Stadt fahre, wo die Stadt überhaupt beginnt und endet.

Wendeschlaufen brauchen Platz. Ein Bus braucht dreissig Meter zum Wenden, ein Tram sogar fünfzig. Gleichzeitig entstehen durch Wendeschlaufen Plätze, also entsteht neuer Platz. Da die Wendeschlaufen am Stadtrand liegen, stehen die Plätze leer und werden nicht bebaut, bepflanzt oder bespielt. Ich zähle zwei asiatische Restaurants, einen Kebabstand und sieben Selecta-Automaten (zwei mit eingeschlagener Scheibe). Der Busfahrer isst in seiner Kabine ein halbes Birchermüesli und blickt zwischen jedem Löffel auf die Uhr.

Die Schienen bilden den kleinstmöglichen Radius, sie möchten lieber ein Bahnhof oder eine Seilbahn sein als eine Wendeschlaufe. In anderen Städten führen die Schienen um Häuser oder Parkanlagen herum. In anderen Städten gibt es Verkehrsringe, welche das Zentrum umkreisen. In anderen Städten verschwindet die leere Metro in unterirdischen Wendeschlaufen und taucht an einem anderen Ort wieder auf. Auf den Friedhöfen solcher Städte fahren zwei Busse einen Rundkurs für die Toten.

Aus Wendeschlaufen werden Schattenbahnhöfe, nicht nur auf dem Friedhof. Im Schatten treffen sich die Jugendlichen und warten auf jemanden, der nicht kommt. Als ich mit der nächsten Schlaufe wiederkomme, sind sie mehr geworden und warten immer noch. Sie machen nicht nichts, sie loitern; sie treffen Leute und erzählen schlechte Witze.

Einrichtungsfahrzeuge fahren nur in eine Richtung: in die IKEA.

Wendeschlaufen geben Zeit zum Nachdenken. Ich erinnere mich, den Satz gehört zu haben, Nachdenken sei in unserer heutigen Gesellschaft nicht mehrheitsfähig. Nachdenkliche Menschen bleiben in Wendeschlaufen hängen, teilweise jahrelang.

Wendeschlaufen bieten Raum für Kunst. In der dichten Diskussion um Kunst im öffentlich Raum habe ich mich in den Wendeschlaufen verfangen und hochgeschwungen, da das Wort etwas Freiraum lässt. Ähnlich verhält es sich für die Kunst. Freiwillig kommt keine Künstlerin hierher und stellt ihre Skulpturen aus. Deshalb sucht die Kommission Orte aus, Randzonen, Brennpunkte, Wendeschlaufen für Kunst. Nicht im Zentrum, sondern an den Rändern kreativ zu wirken, ist eine anspruchsvolle Aufgabe und verlangt eine Auseinandersetzung mit dem Ort. Umso mehr ist Kunst hier nötig und willkommen.

Das Nünitram hebt ab und wendet in einem halben Aussenlooping. Für einen Augenblick liegt die Stadt ausgerollt unter mir. An den Wendeschlaufen stechen die Trams wie Nadeln in das Gewebe und halten es zusammen, auch wenn die Schlaufen schon lange nicht mehr am Rand liegen.

Wendeschleife, Kehrschleife, Umkehrschleife, Endschleife, Gleisschleife, das Phänomen hat viele Namen. In der Schweiz sagt man Wendeschlaufe.

Patric Marino 15.12.2015

Versailles


«Was hätt äch d'Meret zum Brunne gseit, so winer hüt usgseht? Nid viu, hätt sie gseit, nid viu Guets. D'Meret würd sich im Grab umchere, we sie ihre Brunne so chönti gseh. Me cha doch e Brunne nid eifach bepflanze u de mau luege, was passiert. We me so öppis macht, de muess me's hegä u pflegä. I meine, Versailles het me o nid eifach dr Natur überla.

D'Meret het genau definiert, wie hie aus söu usgseh. Nid nume dr Brunne, o dr Platz u d'Umgäbig het sie genau ufzeichnet. D'Meret hätt sicher nid wöue, dass dr Brunne vo somene Gschwüür überwucheret wird. Imene Brief a Jean Tinguely het sie ihri Vorschtellige exakt gschiuderet. Sie het gschriibe, dür di oberi Schpirale söu Wasser loufe, und ir ungere Schpirale söue Pflanze wachse, wo dür di oberi Schpirale bewässeret wärde.

Rund ume Brunnen ume het sich d'Meret Bruchschteine und Buchshecke gwünscht. Sie het us dere Asphautwüeschti e chliini Oase wöue schaffe. Itz schtöh da Elefantefüess us Beton, dasch e muetlosi Umsetzig! Ig nime aa, me het Angscht gha, dass sech dr Schwarz Block hinger de Hecke chönt verschtecke, dr Polizeiposchte isch ja ganz ir Nechi. Die wöii haut, dass dr Waisehuusplatz e unbeläbte Ort bliibt. E Nichtort. E Wüeschti. E Flughafe.

Wo am Afang ke Pflanze hei wöue wachse, hani säuber Moos usem Riichebach ghout u mit Araldit a Brunne kläbt. E wärtvoue Bewuchs isch füre Brunne enorm wichtig. Me muess da ungerscheide zwüsche guete Pflanze u bösem Uchrut. D'Meret het hängendi Gärte wöue u nid eifach das, wo dr Wind häreblast. Me darf Kunscht im öffentleche Ruum nid eifach sich säuber überla. Schteuet nech vor, we me das mit aune Brünne so würd mache!

D'Meret het nid nume e Brunne wöue gschaute, sondern e Platz. Nid e Oppeheimbrunne, sondern e Oppeheimplatz. Darum bini masslos enttüscht gsi, wo dr Brunne nume minimau saniert isch worde. Aber nei, mir wärde üs nid gäg de Entscheid wehre. Mir hei angeri Sache in petto. Mir hei vor, e zwöite Brunne amne angere Ort ufzboue, u zwar exakt so, wie ne d'Meret sich vorgschteut het. De wärdet dir de Ouge mache.»

Patric Marino 19.12.2015